Hallo Hundi
Ich hatte zwar keinen Unfall, aber ich war vor meiner Bandi-Geschichte auch ein sehr aktiver Mensch. Meine Güte, ich "Rampensau" hatte meinen Hintern wirklich überall

... Ich bin quer durch Deutschland gefahren, um meine Lieblingsbands zu sehen, damit ich ja alles mitkriege, stand ich stundenlang am Einlass, um ja in der ersten Reihe zu stehen. Die Welt wäre untergegangen, hätte ich meine Faschingsbirne nicht ganz vorne gehabt.... Rückblickend ist das sowas von unwichtig...
Es war eine wunderschöne Zeit, ich habe viel erlebt, viele Menschen kennengelernt, auch bei meinen ganzen Mittelaltermärkten, die ich besuchte.. Ich habe Gewandung im Wert von ca 1500 Euro im Schrank... ich hab mir sogar extra zur Abrundung des Mittelalter-Outfits Stulpenstiefel gekauft...
Heutzutage bin ich froh, wenn ich wenigstens 2 x im Jahr dazu komme, mich in eins der Outfits zu schmeissen.
Aber auch abseits dieser Dinge war ich aktiv... Wenn ich nicht gerade arbeiten oder unterwegs war, dann saß ich stundenlang auf meinem Pferd und Ausritt von 20 km waren keine Seltenheit.
Ich bin regelmäßig Walken gegangen, dafür nahm ich mir 2 x die Woche mind 90 min Zeit...
Ich muss sagen, das Reiten (ich kann zwar noch Reiten, aber nicht mehr täglich und auch nur noch ca 1 Stunde, bevor das Kreuzbein protestiert) und das Walken (hab es versucht, ich komm nicht weit, auf die NW-Stöcke kann ich mich nicht aufstützen, so wie auf die Krücken, weshalb das Walken leider auch nicht mehr geht) fehlt mir am meisten.
Und dass ich nicht mehr spontan irgendwo hinfahren kann - alleine. Mal eben zu meinen Eltern oder zu den Pferden, zum Hausarzt oder zu kleinen Einkäufen (hab mir extra einen neuen Rucksack geleistet, denn ich brauch ja beide Hände für die scheiss Krücken) kann ich alleine, aber weitere Strecken pack ich mit der Fahrerei nicht und größere Einkäufe ( z. B. Getränke oder allgemein der wöchentliche Großeinkauf für den Grundbedarf) kann ich dann nicht schleppen, weil zu schwer.
Jeder von uns knabbert mehr oder weniger daran, dass nichts mehr so ist, wie im alten Leben. Auch ich habe Phasen, wo ich arg mit dem Schicksal hadere, weil ich an früher denken muss und wie unabhängig und selbständig (das war mir immer sehr wichtig) ich war.
Dank meiner Schmerztherapie und der begleitenden Psychotherapie habe ich meine Einstellung etwas verändern können und versuche mich darin, was ich denn TROTZ bzw MIT meinem kaputten Rücken noch machen kann.
Auch wenn ich immer wieder Phasen habe, in denen ich durchhänge (depressive Stimmungen, die auch mal 2 - 3 Wochen anhalten können), schaffe ich es doch immer wieder, mich zu berappeln. Vlt ist es meine Willensstärke, die mich nicht aufgeben lässt und die mich vorwärts peitscht.
Dass meine Willensstärke sich auch in Durchhaltevermögen niederschlägt, das habe ich meiner Psychologin zu verdanken. Früher (also vor meiner Bandierkrankung, da war ich schon in psychologischer Betreuung, weil ich u. a. den Tod meiner Schwester nicht verarbeiten konnte) hatte ich zwar auch schon einen starken Willen, trotzdem hab ich vieles, das ich (privat) angefangen, nie fertig gemacht. Beruflich war ich immer überkorrekt, da gabs keine Schlamperei.
Und meine Psychologin schaffte es, meine Willensstärke in geordnete Bahnen zu lenken, daher war nach meiner ersten Reha 2007 (nach der Reha bin ich aber noch einige Zeit arbeiten gegangen) klar, dass ich das Rückentraining und meinen Sport weitermachen werde.
Und das tat ich auch. Und ich musste oft wieder bei Null anfangen - z. B. im August 07 nach meiner Lasertherapie an der BS. Und jedes Mal hab ich es geschafft, mich neu zu motivieren und ganz von vorn anzufangen und mich wieder hochzuarbeiten.
Vor meiner Spondy bin ich jeden Tag 40 km aufm Hometrainer gefahren (allerdings auf mind 2 - 3 Einheiten verteilt), bin jeden Tag 20 min Walken gewesen und habe mein Rückentraining gemacht - und das alles trotz bzw mit Rückenschmerz.
Ich hatte nämlich erkannt, dass mein Rückenschmerz da war, ob ich nun auf der Couch oder im Bett abschimmelte oder ob ich mich bewegte.
Natürlich musste ich mich Stück für Stück herantasten, als ich mit dem Radeln anfing, da fuhr ich anfangs nur 5 km täglich und das hatte ich noch auf 2 x verteilt.
Walken ging ich anfangs nur 5 min um den Block und auch das Rückentraining beinhaltete anfangs nur wenige Übungen und dauerte ca 10 min.
Und so hab ich mich dann Woche für Woche gesteigert.
Nach der Versteifung fing ich bei unter Null an... Ich versuchte mich auf dem Hometrainer und radelte erst einmal täglich EINEN EINZIGEN Kilometer.
Nachdem ich gemerkt hatte, dass der Rücken bei dem einen Km noch nicht muckt, hab ich mich dann 2 oder 3 x am Tag auf das Ergometer gesetzt und absolvierte meine 1000 m.
Dann wagte ich mich, 2 km am Stück zu fahren und so wurde es Woche für Woche mehr. Ebenso mit dem Rückentraining. Angefangen hatte ich mit Beckenbodentraining und leichten isometrischen Übungen.
Es gab Zeiten, da musste ich die Zähne zusammenbeissen, weil der Schmerzpegel zwischendurch machte was er wollte. Aber ich war schon zu weit gekommen, um jetzt aufzugeben.
Als ich das erste Mal 10 km am Stück gefahren bin, war das ein solch großer Sieg, dann fiel die 15 km-Marke, dann die 20 km... derzeit ist meine Obergrenze (an guten Tagen) 30 km.
Auch mein Rückentraining beinhaltet jetzt verschiedene Einheiten, ich trainiere nicht nur die Rücken- und Bauchmuskulatur, sondern eigentlich alles. Nach einer (verheerenden) Rumpfkraftmessung bekam ich vom Orthopäden (bei dem ich eigentlich wg meiner Knie- und Hüftprobleme war, der aber meine Rückengeschichte kennt und mir diese Messung vorschlug) ein auf die defizitären Regionen abgestimmtes Trainingsprogramm.
Viele Übungen, die dort aufgelistet waren, gingen anfangs überhaupt nicht, weil ich die Muskulatur dafür gar nicht hatte. Also probierte ich Alternativübungen (für jede Muskelgruppe gibt es in dem Trainingsprogramm mehrere Übungen) und nach ein paar Wochen versuchte ich mich an den Übungen, die anfangs nicht gingen - und siehe da! Auf einmal konnte ich die auch machen!
Was ich damit sagen will: Mit Geduld, Durchhaltevermögen und Willensstärke kann man sehr viel erreichen.
Ich wäre heute nicht da, wo ich bin, hätte ich das nicht durchgezogen. Ganz im Gegenteil, ich wäre vermutlich ständig auf fremde Hilfe angewiesen und könnte mich wahrscheinlich kaum mehr bewegen.
Ich merke es schon, wenn ich mal einen Tag faul bin und mal nix tue, da ist das Aufstehen mühsam, es dauert noch länger als sonst, bis ich auf Touren komme... Aber wenn ich mal 2 Tage aussetze (was ab und an vorkommt, wenn ich z. B. den ganzen Tagen im Wartezimmer verbracht habe, da brauche ich abends auch nix mehr), dann bin ich steif wie ein Brett.
Da kann ich die Knie nicht beugen, jede Bewegung ist Schmerz, die Beine wollen mich nicht tragen usw.
Ich hoffe, ihr versteht das richtig, ich möchte damit nicht angeben, natürlich bin ich auf mich stolz, das geschafft zu haben, aber auf Grund meiner Krankheitsgeschichte möchte ich damit anderen Mut machen, dass noch nicht aller Tage Abend ist...
Glaubt an euch, trauert nicht eurem alten Leben nach, sondern fangt an, ein neues Leben zu beginnen, findet heraus, welche Grenzen es in dem neuen Leben gibt und freut euch an den kleinen Dingen des Lebens...
Lg
Maria