Hallo liebe Bandis und Mitglieder.
Ich bin, wie man ja am Name des Themas erkennen kann, neu in euren Reihen und möchte mich euch gern einmal etwas genauer vorstellen.
Bevor es ans Eingemachte geht kurz vorweg: ich heiße Anni (Antonia) bin 29 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder und arbeite eigentlich auf einer indisziplinären Intensivstation eines großen Akutkrankenhauses der Stufe 3.
Am "eigentlich" erkannt man schon, dass aktuell alles nicht nach Plan läuft. Seit November letzten Jahres bin nun schon krank geschrieben und nach wie vor nicht in der Lage, meinem Job nachzugehen.
Es begann alles im Nachtdienst... man beachte, ich hatte vorher in meinem gesamten Leben nie Rückenbeschwerden, weder in den Schwangerschaften, noch in den vorangegangenen Berufsjahren.
Ich konnte plötzlich nicht mehr ohne Schmerzen sitzen... ein dumpfer stechend reißender Schmerz beginnend in der rechten Pobacke ziehend bis in den Fuß, der egal in welcher Position immer unerträglicher wurde... ich fragte schon die ärztlichen Kollegen, die gemeinsam mit mir Dienst hatten was das sein könnte und ob sie mir helfen könnten. Natürlich rieten sie mir direkt zu guter Schmerzmedikation und einem MRT Besuch sowie einen Orthopäden. Damit musste ich mich erstmal anfreunden und nahm erstmal alles an Pillen und Tröpchen, was unsere Intensivapotheke zu bieten hatte. Mehr als Schwindel von den Tramaltropfen brachten sie mir aber nicht und ich beschloss nach folgenden schlaflosen Tagen und Nächten 4 Tage nach diesem Rat wirklich einen Orthopäden aufzusuchen.
Ohne MRT vermutete dieser natürlich nur erstmal einen BSV und ich ging am nächsten Tag in alle radiologische Praxen hier in meiner Wohnumgebung und hatte tatsächlich das Glück in einen abgesagten Termin zu rutschen.
Am nächsten Tag staunte der Orthopäde nicht schlecht, dass ich so schnell Bilder aufgetrieben hatte und diagnostizierte zu meinem Leidwesen dann wirklich einen akuten Bandscheibenvorfall auf 2 Etagen (L4/L5 & L5/S1) der Klassiker. Die untere Etage mit rechtsbetonter absoluten Nervenkompression, was die Schmerzen und Taubheitsgefühle sowie die Fußheberschwäche erklärte.
Es war schon zu diesem Zeitpunkt ärztlicher Seits eine OP Indikation, die ich so schnell aber nicht akzeptieren wollte und in den folgenden 3 Monaten wirklich alles probierte, um konservativ zu behandeln. Schmerztherapie bei einem zertifizierten Schmerztherapeuten mit Morphinen (nachdem alle vorherigen Stufen nicht geholfen haben) sowie Begleitmitteln wie Muskelrelaxantien und Nervenmitteln. Singel Shot PDAs mit einem Glykokortikoid, PRT Spritzen (CT gesteuert), KG und Physio, Bewegung soweit es ging und keine Arbeit mehr an Patienten. Doch es wurde immer schlimmer statt besser... Die Schmerzen und auch die neurologischen Ausfälle... mein Bein knickte unwillkürlich weg, ich begann zu hinken und wurde auch noch inkontinent... als 29 jährige junge sonst immer fitte und sportliche Frau!
Damit war klar, ich werde um eine OP nicht mehr herum kommen. Besser heute als morgen. Da ich ja nunmal selber ein wenig vom Fach bin, informierte ich mich ausgiebig über Neurochirurgen in meiner Nähe und weiter weg, und für mich war klar, meine Klinik, in der ich arbeite und meine Kinder zur Welt gebracht habe, kommt nicht in Frage. Ich will einen Operateur, der minimalinvasiv operiert und ganz vorne dabei ist, wenn es um Innovationen im Bereich Bandscheibenops geht. Aber doch genug Erfahrung mitbringt.
Also entschied ich mich für drei Kliniken, eine davon in Hamburg. Eine E-Mail an die Sekretärin des dortigen Chefarztes genügte und der Chefarzt Professor Dr. Köhler aus dem Asklepios West Klinikum in Hamburg Rissen rief mich am selben Nachmittag persönlich zurück und sprach von Not OP am nächsten Tag.
Ich also Sachen gepackt, 250 km nach Hamburg gefahren (gefahren worden, da ich durch Morphine und trotzdem Schmerzen schon lange nicht mehr fahrtüchtig war) vorbereitet und am nächsten Tag 8 Uhr vom Chefarzt persönlich operiert worden.
Alles klappte hervorragend und ich wachte ohne Schmerzen auf! Das erste Mal seit Monaten! Wie herrlich das war!
Die Ernüchterung kam allerdings genau so schnell wie die Euphorie: nach drei Tagen und vorsichtigen Mobilisationsversuchen haute es mich regelrecht um und es ging gar nichts mehr! Ich hatte die allerschlimmsten Schmerzen meines Lebens! Von jetzt auf gleich nach einem vorsichtigen Toilettengang. Ich konnte mein Rechtes Bein überhaupt nicht mehr belasten, hatte null Kontrolle über mein Genitalbereich und die Schmerzen waren so unaussprechlich, dass ich mir mein Bein hatte abschneiden wollen. Dazu kamen nun noch die Wundschmerzen von der OP.
Es war schlimmer als die Geburten meiner Kinder. Und das empfand ich schon als Tortur.
Nach tagelanger (es waren 3) Beobachtung durch die Ärtzeschaft, Dauerinfusionen mit Dipidolor und Perfalgan und Novalgin sowie meiner oralen Basismedikation mit Morphin und einer Kortisontherapie wurde ein neues MRT gemacht, was natürlich ein wunderschönes ausgeprägtes Frührezidiv zeigte. Ich war nicht mehr ich selbst. Hatte einen Dauerkatheter und war bettlägerig und pflegebedürftig wie eine alte Dame. Das schlimmste was jemanden passieren kann, der sonst immer auf der anderen Seite des Bettes steht und den Patienten hilft. Und nun war ich die, die Hilfe brauchte, und zwar bei allem.
Also wurde eine Re-Nukleotomie durchgeführt. Der Operateur nutze den selben Zugang wie bei der 1. Op, sodass ich tatsächlich nur eine klitze kleine Narbe am Rücken habe. Diesmal ging ebenfalls alles gut und es blieb auch so. Gott sei Dank. Man hat diesmal nicht so gewebserhaltend wie vorher operiert, sondern hat alles rausgeholt was ging, ohne ein Implantat einsetzen zu müssen, und eine Versteifung machen zu müssen. Ein Cage (eine kleine Metallklappe, die einen Rezidivvorfall verhindern soll) konnte man mir allerdings auch nicht einsetzen, da ich auf zu breiter Front defektes Gewebe aufwies. Nun gut, muss ich mit Leben, da es diese kleinen Dinger nur als Prototypen in einer speziellen Größe gibt. Passt es nicht, geht es auch nicht.
Ich fuhr im Anschluss an diese nunmehr 3 wöchigen Strapazen (statt geplanter 5 Tage) in eine Anschluss Heil Behandlung ins Ostseebad Damp in die Helios Rehaklinik und verbrachte dort 5 Wochen in einem wunderbaren Zimmer mit wirklich fähigen und tollen Therapeuten, die mir eine große Hilfe waren, wieder auf die Beine zu kommen. Sogar das Hinken schaffte ich zu besiegen! Aber es gab einen großen Wermutstropfen. Ich hatte diese gefühlte Instabilität der Wirbelsäule... ein stechender Schmerz direkt im OP Gebiet, den ich nie vorher verspürt hatte... ein Schmerz der sich gürtelartig noch vorne und nach oben begibt sobald ich einen Positionswechsel machen will. (Sitzen Stehen oder liegen sitzen) erst seit der 2. Op!!! Ein Schmerz, der so intensiv ist, dass es mir die Luft abschnürt und ich erst 10 Minuten mit viel Abstützung irgend wie warten muss, bis ich mich weiter bewegen kann! Zu Beginn hieß es noch dies sei ja völlig normal nach 2 Operationen. Die Muskulatur muss erst wieder gefestigt werden, sie brechen schon nicht durch. Aber genau so fühlte es sich an! Auch nach 5 Wochen intensivem Rehasport, gezielten Übungen und Krankengymnastik plus Physiotherapie hatte ich diese Schmerzen nach wie vor. Und noch ne kleine Schwäche des rechten Beines, aber das schrieb man dem Muskelabbau der vorangegangen Monate zu, die sich eben nur langsam erholen.
Ganz vergessen zu erwähnen hatte ich bisher, dass ich am rechten Fuß die Zehen D2-4 Taub hatte, und sie nach wie vor taub sind, ich es aber kaum noch bemerke. Nur wenn ich aktiv darüber nachdenke... sonst sind sie eben nicht mehr da und ich habe einen V förmigen Fuss in meiner Empfindung.
Nun ist meine Reha ebenfalls schon mehrere Wochen her und dieser Schmerz ist nach wie vor da. Es belastet mich sehr... ich kann damit weder arbeiten, noch den Haushalt adäquat führen, und mich auch nicht wie gewohnt um meine Kinder kümmern.
Die finanzielle Situation ist äußerst angespannt, da mein Mann einfach nicht genug verdient, um all unsere Verbindlichkeiten zu erfüllen und bis zum Ende des Monats Essen auf den Tisch zu bringen. Wir haben mittlerweile überall Schulden und schieben Rechnungen vor uns her und zahlen immer das, was am meisten Brennt... ab dem 10. eines jeden Monats haben wir kaum noch Mittel um Nahrung zu kaufen und leben am Minimum. Ich würde so gerne wieder arbeiten gehen, aber es geht nicht.
Was kann ich tun? Wie meistere ich diese verzwickte Situation nur? Ich bin immer lösungsorientert und jemand der sich nicht entmutigen lässt. Aber im Moment schwinden meine Psychischen Ressourcen ziemlich schnell.
Am 28.06.2017 habe ich einen neuen Termin fürs MRT um Klarheit in Bildform erhalten zu können. Im Anschluss folgen Termine beim Orthopäden und dem Neurochirurgen, aber mir wurde bisher nicht viel Hoffnung gemacht, dass es was lapidares ist, was man schnell beseitigen könnte. Mein Orthopäde sprach von dauerhafter Schmerztherapie als chronische Patientin mit wenig Chancen auf eine Rücklehr in meinen geliebten Beruf.
Nun kennt ihr meine Geschichte, sorry das es so lang wurde... Danke fürs Lesen und ich freue mich über viele Reaktionen und Antworten von euch.
Liebe Grüße,
Anni :-)