Ärzte Zeitung, 05.07.2002

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Opioide sind bei Lumbalgie und Co. nicht tabu
Wann, für wen und wie lange wird diskutiert / Je nach Wirkstoff und Galenik unterschiedliche Vorteile
Die Verordnung von Opioiden bei chronischen, nicht tumorbedingten Schmerzen wird immer noch diskutiert. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft empfiehlt Opioide bei schwersten akuten oder bislang therapierefraktären Rückenschmerzen oder bei Unverträglichkeit anderer Analgetika.

Vor Beginn der Opioid-Therapie gilt es aber, einiges zu beachten. So sollten die Patienten weder Drogen- noch Medikamentenmißbrauch betreiben und in geordneten sozialen Verhältnissen leben. Ihre aktive Mitarbeit etwa in Form von Gymnastik ist wichtig. Und: Die Schmerzursachen sollten interdisziplinär abgeklärt und psychogene Ursachen ausgeschlossen werden. Opioide sollten nur kurz, also wenige Tage, maximal zwei bis drei Wochen verwendet werden, so die Arzneimittelkommission.

Bei den schwach wirksamen Präparaten kommen etwa Tramadol (Tramal®), Tilidin-Naloxon (Valoron®N) und Dihydrocodein (DHC®Mundipharma) infrage. Starke Retard-Opioide wie Morphin (MST®Mundipharma) oder Buprenorphin (Temgesic®, für i.v. oder i.m.-Injektionen oder als Sublingualtablette) seien Ausnahmefällen vorbehalten, etwa bei schwerer Osteoporose mit Wirbelbrüchen oder radikulären Schäden nach Operationen.

Bei der Auswahl des Opioids empfiehlt Privatdozent Dr. Michael Strumpf aus Bochum, sich hauptsächlich am Profil der unerwünschten Wirkungen zu orientieren. Ein Patient, der bereits an Obstipation leidet, sollte eher Tilidin-Naloxon bekommen als Dihydrocodein , welches starke Verstopfungen verursache, so Strumpf. Bei Übelkeit rät der Schmerztherapeut von Tramadol eher ab (Schmerz 6, 2001, 455).

Werden Opioide der WHO-Klasse III benötigt, ist eine Obstipationsprophylaxe obligatorisch. Oxycodon (Oxygesic®) hat den Vorteil, daß bisher keine psychomimetischen Effekte wie Halluzinationen oder Verwirrtheit nachgewiesen worden sind. 30 bis 40 mg Oxycodon entsprechen etwa 60 mg Morphin. Die Wirkdauer beträgt etwa zwölf Stunden. Bei Schluckstörungen bewährt sich bereits seit einigen Jahren transdermales Fentanyl (Durogesic®), welches auch zur Therapie bei nicht tumorbedingten Schmerzen zugelassen ist.

Hinzugekommen ist Ende vergangenen Jahres das Buprenorphin-Pflaster Transtec®, das auch zerschnitten werden darf. In der Praxis kann das helfen, mit geringen Dosissteigerungen unerwünschte Wirkungen besser zu kontrollieren. Obstipationen sind bei der transdermalen Therapie offenbar generell geringer. Allerdings setzt die träge Kinetik der Pflaster Erfahrung und gute Compliance der Patienten voraus, so Strumpf. Zudem sollte das Schmerzniveau der Patienten stabil sein. Ein einmal beklebtes Hautareal sollte etwa sieben Tage lang frei bleiben. (ner)


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