Hallo Paprikato,
erst mal sorry für die verspätete Antwort, ich war eine Zeit lang internetlos.
Bei den Kopfgelenken gestaltet sich die Diagnostik leider tatsächlich schwierig. Ich denke, das hat mehrere Gründe:
- die Biomechanik der obersten zwei Halswirbel unterscheidet sich sehr von der restlichen Wirbelsäule
- Röntgenaufnahmen sind aufgrund der überlappenden Schädelstrukturen schwierig auszuwerten
- die Publikationen zum Thema sind sehr widersprüchlich; die Diskussion wird sehr emotional und wenig fachlich geführt
Daher wird es je nach Arzt, den Du aufsuchst, so sein, dass die Seitendifferenz zwischen Dens Axis und den seitlichen Flächen des Atlas sehr unterschiedlich gewertet wird. So ziemlich alles im Bereich der oberen Halswirbelsäule wird von vielen Ärzten gerne mit den Worten "das haben viele, das hat nichts zu heißen" beiseite geschoben. Ich hoffe, ich komme demnächst mal dazu, mir die Studien, auf die sich diese Aussagen stützen, genauer anzuschauen; ich habe so meine Zweifel an der Aussagekraft der Studien.
Eigentlich gibt es eine Menge Referenz-Abstandswerte und Messlinien, die zur Bewertung der Kopfgelenke angewandt werden könnten.
Hier werden einige der Messlinien dargestellt.
In der Literatur (ich lese gerne auf pubmed.com) findet man verschiedene Störungen im Bereich der Kopfgelenke. Da gibt es Fehlstellungen zwischen Atlas und Axis wie die Subluxation (Verschiebung des Atlas nach vorne), seitliche Fehlstellungen, rotatorische Fehlstellungen, Ventralisierungen (Verschiebung des Dens Axis nach oben bis hin zur basilaren Invagination) und Instabilitäten.
Bei den Instabilitäten wird meist nach dem anterioren atlantodentalen Intervall geschaut (bei seitlicher Aufnahme mit neutralem, nach vorne und nach hinten geneigtem Kopf). Worauf ich allerdings kürzlich gestoßen bin: zumindest bei rheumatisch bedingten atlantoaxialen Instabilitäten ist es wohl so, dass sich als Folge einer Instabilität (die sich durch ein vergrößertes anteriores atlantodentales Intervall zeigt) eine Ventralisierung des Dens Axis entwickeln kann, die sich auf Röntgenbildern allerdings wieder mit einem normalen anterioren atlantodentalen Intervall zeigt.
Mit anderen Worten: Alles ganz schön komplex. Und nur die Dens-Zielaufnahme wird wohl nicht in der Lage sein, alle diese Fragen zu beantworten (mal ganz davon abgesehen, dass man auch einen Arzt finden muss, der sich mit diesen speziellen Fragen auskennt). Was die meisten Ärzte wahrscheinlich auf der Dens-Zielaufnahme schauen werden, ist, ob ein Bruch oder ein Os odontoideum vorliegt; das sind Dinge, die nicht umstritten sind.
Ein weiteres Problem, gerade bei Instabilitäten, ist, dass jede Aufnahme eine Momentaufnahme ist. Trotzdem werden oft Aufnahmen, die an beschwerdearmen Tagen oder in beschwerdearmen Positionen durchgeführt wurden, als Beweis herangezogen, dass kein Problem in dem Bereich vorliege. Ich bin der Ansicht, dass das ein Logikfehler ist.
Von anderen Betroffenen habe ich gehört, dass mit folgenden Untersuchungen ihre Beschwerden objektiviert werden konnten:
- CT in 3D-Rekonstruktion. Vorteil: alte Brüche können erkannt werden, Veränderungen der Gelenkflächen sind erkennbar, Fehlstellungen sind besser erkennbar als mit MRT-Aufnahmen
- MRT in Funktionsstellungen des Kopfes, v.a. in Seitneigung und -drehung, ggf. unter natürlicher Gewichtsbelastung. Vorteil: Darstellbarkeit von Bewegungsanomalien und Rückenmarkskontakten/-schädigungen; Darstellbarkeit des Zustands von Bändern und Denskapsel. Die Darstellbarkeit der Bänder wird allerdings auch kontrovers diskutiert.
- Untersuchungen mit Bildwandler
- ggf. Röntgenaufnahmen durch den geöffneten Mund bei Seitneigung des Kopfes
Du hast sicherlich recht, dass auch die Darstellung der Vertebralarterien, v.a. in Funktionsstellungen des Kopfes aussagekräftig sein könnte, siehe
Leitlinie Vertebralisinsuffizienz - allerdings muss man sicherlich auch suchen, bis man einen Arzt findet, der die empfohlenen Untersuchungen durchführt.
In Sachen Augen Koordinationsprobleme kannst Du Dich vielleicht an einen Neurootologen wenden; die kennen sich teilweise mit den Zusammenhängen ganz gut aus.
So viel für den Moment.
Viele Grüße und gute Besserung Dir,
odysseus