Hallo Karina,
ich kann Deine Angst vor einer Operation gut verstehen.
Es gibt aber einfach Situationen im Leben, in Denen muss man seine Angst beiseite schieben.
Ich denke, in einer solchen Situation befindest Du Dich!
Ist es für dich alleine nicht genug Grund für eine OP, wenn eine Querschnittslähmung verhindert werden kann?
Was wäre für Dich ein Grund für eine OP?
Ich will Dir mal meine Erfahrungen schildern, auch wenn ich nicht zu den HWS-Bandis gehöre.
Vielleicht hilft Dir das ja bei der Entscheidung bezüglich einer HWS-OP.
Also, ich bin 28 Jahre alt und habe nun seit 2 Jahren eine inkomplette Querschnittslähmung ab Brusthöhe aufgrund eines Massenvorfalles in der BWS (Th5/Th6).
Im Mai 2006 wurde ich in den Niederlanden (Maastricht/Dr. Cornips) zwar erfolgreich operiert, aber leider kam die Operation für mich etwas zu spät, wie sich während und nach der Operation herausstellte. Durch den enorme, verkalkten Bandscheibenvorfall wurde das Rückenmark über einen Zeitraum von mehreren Monaten wohl zu sehr komprimiert, so dass es nun leider zum Teil irreparabel geschädigt ist (massive thorakale Myelopathie).
Es hat mehrere Gründe, weshalb ich letztlich zu spät operiert wurde:
- wurde lange Zeit von Ärzten aufgrund meines Alters un Vorgeschichte nicht ernst genommen hammer.gif
- der Befund wurde unterschätzt und falsch interpretiert
- falsche Annahme meines Operateurs, dass verkalkte Bandscheibenvorfälle sich in Form und ausmaß nicht mehr groß ändern können
(mein vorher mäßig großer BSV hatte sich innerhalb von 5 Monaten wider Erwarten zu einem Massenprolaps mit enormen Ausmaß verändert)
- lange Wartelisten für die OP in den Niederlanden
- Mangel an potentiellen Operateuren in den Niederlanden
Ich habe also schlichtweg enormes Pech gehabt, dass es so weit gekommen ist. Mein derzeitiger gesundheitlicher Zustand beruht in sich auf einer Verkettung von tragischen Fehlinterpretationen, ärztlichem Fehlverhalten und Mißverständnissen. Mein Massenvorfall und zwei weitere kleine, nicht-operierte BSV (Th3/Th4 und Th4/Th5) beruhen wahrscheinlich auf meinem Ski-Unfall vor 7 1/2 Jahren und sind somit traumatischen Ursprungs.
Mit den Ausfällen in Beinen und Oberkörper fing das bei mir eigentlich so richtig an im Januar 2006. Da bin ich häufiger gestolpert, verlor oft mein Gleichgewicht und konnte im Dunkeln nicht mehr sicher gehen, ohne zu stürzen (Ursache war eine verminderte Tiefensensibilität und somit eine spinale Ataxie). In den Wochen danach wurde das Gefühl (Sensibilität) in Beinen, Füßen und Oberkörper immer schlechter bis hin zur kompletten Taubheit und es entwickelte sich eine Spastik in beiden Beinen. Letztlich gesellten sich da dann noch massive Lähmungserscheinungen in Rumpf und Beinen dazu, wodurch ich kurz vor der OP eigentlich so gut wie nicht mehr laufen konnte. Ich konnte nur noch 10-20 Meter mühsam mit Hilfsmitteln laufen. Ansonsten war ich auf einen Rollstuhl angewiesen. Last but not least hatte ich erhebliche Blasenprobleme (enorme Mengen an Restharn, Harnverhalt, spastische Blase), einen atonischen Darm (gelähmter Darm mit massiver Verstopfung) und eine sexuelle Dysfunktion.
Nun, 2 Jahre nach der Operation, kann ich zwar wieder etwas besser laufen, aber ich werde immer eine Behinderung behalten. Noch bin ich auch an guten Tagen für etwas längere Abstände außer Haus auf meinen Rollstuhl angewiesen. Wegen meiner neurogenen Blasenstörung habe ich vor 1 1/2 Jahren einen Blasenschrittmacher (S3-Stimulator) implantiert bekommen, so dass ich da zum Glück nicht mehr so große Probleme mit habe.
Da das Rückenmark sehr kostbar ist und sehr empfindlich auf Kompression reagiert, sollte man da nicht zu lapidar mit umgehen. In manchen Fällen macht eine frühzeitige Operation absolut Sinn und man sollte es nicht bis zum bitteren Ende konservativ versuchen zu behandeln.
Ehrlich gesagt befürchte ich aber, dass man auch zum jetzigen Zeitpunkt in Deinem Fall kaum mehr von einer frühzeitigen OP reden kann.
Wenn Du Dich mal mit einer anderen Betroffenen austauschen magst, dann kannst Du Dich jederzeit bei mir melden, auch per PM.
Lasse den Kopf nicht hängen und habe nicht zu große Angst vor einer OP.
Ich selber wünsche mir so oft, man hätte mich doch bloß ein klein wenig früher operiert.
Liebe Grüße von Nicoline