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Komplette Version Eigenverantwortung des Patienten

Bandscheiben-Forum > Wirbelsäulen-Forum
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Metallicat
Hallo Ihr Lieben!

Bin bei meinen Surftouren durch die Weiten den Netzes auf sehr informative Artikel zum Thema Eigenverantwortung des Patienten gestoßen. Es geht darum, wie wichtig es doch ist, dass der Patient auch mitarbeitet. Aber lest doch selbst:

Hufschmidt, Andreas
Behandlung lumbaler Wurzelkompressionssyndrome: Eigenverantwortung des Patienten stärken
Deutsches Ärzteblatt 99, Ausgabe 44 vom 01.11.2002, Seite A-2948 / B-2517 / C-2336
MEDIZIN: Diskussion

zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. Jürgen Krämer in Heft 22/2002

Akute Rückenschmerzen haben eine gute Spontanprognose, und ein hoher Prozentsatz der Patienten mit einem lumbalen Bandscheibenvorfall ist nach einem Jahr unter konservativer Behandlung wieder arbeitsfähig (1). Das Problem – und daran geht dieser Artikel völlig vorbei – sind diejenigen, bei denen dies der Anfang einer chronischen Schmerzsymptomatik ist.
Die Wege in die Chronifizierung sind mittlerweile gut untersucht. Anhand der medizinischen Anamnese und soziodemographischer Faktoren und psychodiagnostischer Befunde lässt sich beispielsweise in einem hohen Prozentsatz voraussagen, wer nach einer Bandscheibenoperation beschwerdefrei wird (2). Von zentraler Bedeutung ist dabei, ob der Patient selbst eine aktive oder passive Haltung einnimmt. Entsprechende Warnhinweise (yellow flags) haben auch Eingang in Leitlinien (3) gefunden – leider nicht in Deutschland.
Diese Befunde sollten uns dazu veranlassen, sehr darauf zu achten, welche Vorstellung von Behandlung wir bei unseren Patienten erwecken. Nach Lektüre des Artikels von J. Krämer zum Beispiel wird ein Patient sich in der Überzeugung gestärkt sehen, dass er sein Rückenproblem beim Arzt „abgeben“ kann und irgendwann seine Wirbelsäule repariert zurückbekommt. Und jede noch so kurz wirksame lokale Injektion, die geeignet ist, die Macht des Arztes über das Symptom „Schmerz“ zu demonstrieren, wird dem Patienten seine relative Ohnmacht vor Augen führen und ihn darin bestärken, dass der Arzt für die Lösung seines Rückenproblems verantwortlich ist.
Die rein organisch orientierte Betrachtungsweise, und dafür ist dieser Artikel ein gutes Beispiel, ist nicht dazu angetan, Patienten vor dem schlimmen Schicksal einer chronischen „Schmerzkarriere“ zu bewahren.

Auszug aus:
Hackenbroch, H.
Das Lumbalsyndrom – Prävention, Diagnostik und Therapie: 20. Interdisziplinäres Forum der Bundesärztekammer "Fortbildung und Fortschritt in der Medizin" vom 10. bis zum 13. Januar 1996
Deutsches Ärzteblatt 93, Ausgabe 22 vom 31.05.1996, Seite A-1472 / B-1232 / C-1150
MEDIZIN: Kongressberichte und -notizen

Psychosomatische Aspekte
Wichtige Hinweise auf einen psychosomatischen Hintergrund von Rückenbeschwerden sind: Wortreich als polytop und extrem bezeichnete Schmerzen, Wirkungslosigkeit sämtlicher Heilmittel und Entlastungstechniken, häufiger Arztwechsel und fehlende objektive Befunde. Es gilt dann, nach sorgfältigem Ausschluß auch einer extravertebralen somatischen Erkrankung Belastungs-, Überforderungs- und Konfliktsituationen zu erkennen und mit Einverständnis des Patienten für eine qualifizierte Evaluierung und Therapie zu sorgen. Eine Operation bei einem psychosomatisch Kranken wäre ebenso verhängnisvoll wie die falsche Klassifikation eines degenerativen Lumbalsyndroms als Konversions- oder Somatisierungsstörung. In der Diskussion wurde deshalb mit Recht auf dringenden einschlägigen Schulungsbedarf hingewiesen

Wäre doch ein netter Diskussionsansatz!

LG Metallicat winke.gif
Tigerente
Hallo Metallicat! winke.gif

Natürlich sind die allermeisten Menschen nach akuten Rückenbeschwerden recht schnell spontan wieder schmerzfrei - aber ich denke, bei den meisten Mitgliedern hier im Forum ist dieses Stadium längst Vergangenheit.... schulterzuck.gif

Ich werde schon ärgerlich, wenn es kritisch vom Arzt gesehen wird, dass ich mehrmals den Doc wechseln musste - schlimm genug, dass mein allererster Ortho
nicht mal mein Wirbelgleiten diagnostizieren konnte...und mir massig Diclo und Tetrazepam - ohne Magenschutz - verordnet hat... hammer.gif !

Zitat
Wichtige Hinweise auf einen psychosomatischen Hintergrund von Rückenbeschwerden sind: Wortreich als polytop und extrem bezeichnete Schmerzen, Wirkungslosigkeit sämtlicher Heilmittel und Entlastungstechniken, häufiger Arztwechsel und fehlende objektive Befunde.


Noch nicht mal ein MRT wird einem Patienten heute oft ermöglicht - es gibt viel zu viele Bandis, die beim Arzt ihre Beschwerden nicht mal schildern mögen, da sie fürchten, sofort in die Psycho-Schublade gesteckt zu werden!

Ich kann mich als Krankenschwester ja noch relativ gut wehren - aber ich mag mir gar nicht vorstellen, wie sich jemand fühlt, der nicht in der Lage ist, eine Bahandlung auch mal zu hinterfragen!!

Dass Rückenprobleme natürlich immer mit der Psyche zuusammenhängen, ist nicht von der Hand zu weisen - aber selbst wenn durch große psychische Belastungen - und dadurch bedingter Fehlhaltung - es zu massiven Rückenschmerzen kommt - ist der Doc dann nicht verpflichtet, das organische Problem erstmal adäquat zu behandeln??

Wenn man wegen zu viel Stress einen Infarkt oder ein Magengeschwür bekommt, wird man auch nicht mit den Worten weggeschickt:

"Machen Sie doch mal eine Psychotherapie!"

Mir geht es darum, dass immer zuerst die körperlichen akuten Beschwerden ernst genommen werden - dann kann der Patient auch seine psych. Situation evaluieren!

Fühlt er sich beim Ortho jedoch nicht ernst genommen mit seinen Schmerzen, kommt es m.E. auch niemals zu einem vertrauensvollen Arzt-Patienten Verhältnis....

Nichts ist schlimmer, als sich mit wirklich schlimmen Schmerzen nicht ernst genommen zu fühlen!

Die Links sind ja leider schon etwas älter, vielleicht hast Du als Grundlage für eine Diskussion etwas Aktuelles??

LG

von der Tigerente

Marlies
blöckchen
Hallo Metallicat,

mag ja durchaus was dran sein, an der Psyche und den Schmerzen.

Doch ich denke, wenn man erst mal lange genug von Pontius bis Pilatus gelaufen ist, dann kann man auch so was an die Psyche bekommen.... nur wer war dann zuerst: die Psyche oder der Schmerz??

Lieben Gruß Blöckchen
Metallicat
Hallo Marlies!
Es liegt nicht in meiner Absicht hier irgendjemanden anzugreifen. Ich wollte mit diesen Artikeln weder behaupten, dass wir (muß mich ja auch einschließen) Psychopathen noch Simulanten sind. Du nagelst mich jetzt auch ziemlich auf den Auszug, den ich als zweites angehängt habe, fest. Wichtiger ist m. E. der erste. War vielleicht ungeschickt, es überhaupt zu tun. Es ist doch wohl nicht von der Hand zu weisen, dass einige Patienten tatsächlich ihre WS am liebsten zur Reparatur abgeben würden und nicht wirklich einsehen wollen, dass aktive Mitarbeit zwingend erforderlich ist.
Ich gebe Dir vollkommen recht, dass viele so eingeschüchtert sind, dass sie sich nicht trauen den Mund aufzumachen. Das gerade ist doch erst aller Laster Anfang! So kann doch keine vernünftiges Arzt-Patienten-Verhältnis entstehen. Ich behaupte auch nicht, dass man nicht den Arzt ggf. wechseln soll. Im Gegenteil: wenn die Chemie nicht stimmt ist es sogar zwingend erforderlich. Trotzdem ist die Eigenverantwortung hierbei gefragt:' wechsle ich den Arzt weil die Chemie nicht stimmt, oder eher weil er mir unbequeme Wahrheiten sagt?!'
Das das organische Problem erstmal behandelt werden muß, stelle ich auch nicht in Abrede. Und mangelndes Einfühlungsvermögen seitens der Weißkittel scheint vielleicht auch an der Tagesordnung zu sein. Persönlich habe ich da keine Erfahrung.
Einen Artikel zu dem Thema jüngeren Datums habe ich derweil nicht. Bin ja auch nur zufällig drauf gestoßen. Kann ja mal suchen. Letztlich ging es mir ja nur um die Aussage des Abgebens der Verantwortung. Und die Grundaussage wird in einem neueren Artikel wohl nicht anders sein.
Schade, dass ich so mißverstanden werde! Falls sich irgendjemand persönlich angeriffen fühlt, tut's mir leid. Wollte eigentlich mal eine andere Sichtweise diskutieren.
LG Metallicat
Metallicat
Sorry Blöckchen,
habe zu lange gebraucht um meine Antwort an Marlies zu tippen. Hätte vom Ablauf vor Deinem stehen sollen. Ich rede gar nicht davon, was zuerst da war, Psyche oder Schmerz. Die Psyche kann eine Verstärkerfunktion haben. Aber auch davon war nicht die Rede.

LG Metallicat winke.gif
blöckchen
Hallo Mettalicat,

das war auch von mir wirklich kein Angriff. Ich bin nur wirklich der Meinung, dass wenn der Schmerz nur erst mal lange genug Einzug gehalten hat, dass die Psyche dann ohne weiteres für Verstärkung sorgen wird;)

Nix für Ungut

LG Blöckchen
Freude
Hallo Metallicat, ich finde der Artikel macht einige Probleme deutlich . Einerseits werden Patienten mit starken Beschwerden in die ausschliessliche Psychoecke gedrängt und andererseits bekommen Leute zu wenig psychologische Unterstützung. Ich wollte in der Reha welche und habe keine bekommen. Freude
chrissi40
Hallo metallicat,

was meinst du dann?
Hier ist nochmal ein Artikel. Er zeigt klar und deutlich wie Rücken und Psyche zusammenhängen aber nichts desto trotz das mechanische problem einfach da ist.
Die meisten Ärzte die eine Aussage machen wie "Machen sie erstmal eine Psychotherapie" die haben dieses problem mal gehört und schon meinen sie sie wissen von was sie reden, tun sie aber nicht. Diese sind fürchterlich. Damit sind sie die Patienten irgendwie "los " ohne ihnen wirklich geholfen zu haben.
Lies ihn mal und schreib mal bitte etwas dazu.


Rückenschmerzen und Psyche von Prof.Gordan Waddell

Auch die Psyche spielt eine bis heute massiv unterschätzte Rolle bei der Entstehung von Rückenschmerzen. Studien zeigen, dass 80 bis 90% aller Menschen mit chronischen Rückenschmerzen Symptome einer leichten Depression aufweisen. Da Depressionen die Ausschüttung körpereigener Opiate blockieren ist dann auch die Schmerzempfindlichkeit deutlich erhöht.
"Ich behaupte nicht, dass die seelische Verfassung die Rückenschmerzen verursacht oder dass das soziale Umfeld die Ursache ist. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass die Rückenschmerzen tatsächlich auf ein physiologisches Problem zurückzuführen sind. Richtig ist aber auch, dass die Art, wie ein Betroffener darauf reagiert, entscheidet, welche Auswirkungen die Schmerzen auf sein Leben haben. […] Auch der Druck, dem Betroffene ausgesetzt sind und die Arbeitssituation beeinflussen die Schmerzen. Es geht nicht darum, dass der Betroffene die Rückenschmerzen sozusagen im Kopf hat sondern darum, dass die innere Einstellung und die sozialen Faktoren darüber entscheiden, welche Rolle die Rückenschmerzen im Leben der Betroffenen einnehmen."



Viele Grüße von chrissi sonne.gif


Metallicat
@Blöckchen:
Das habe ich auch nicht als Angriff verstanden. Wie sollen wir denn eine vernünftige Diskussion führen, wenn sich alle auf den Schlips getreten fühlen? zwinker.gif
Mit ist die Sensibilität der Thematik durchaus bewußt.

@Freude:
Das tut mir sehr leid für Dich. Da kann man erstmal sehen, wie unterschiedlich die psychologische Seite gehandhabt wird. So wie bei Dir, die Unterstützung einfach zu versagen, sollte es auf keinen Fall sein.

LG Metallicat winke.gif
Metallicat
Hallo Chrissi!
Hat sich etwas überschnitten mit den Beiträgen, war nicht mit Absicht.
Ein interssanter Artikel. Ich denke, all das wissen wir im Prinzip schon. Ist doch einleuchtend, dass man Symptome einer leichten Depression hat, wenn man eine lange Schmerzkarriere vorzuweisen hat. Ich finde es auch wichtig zu erwähnen, das der Autor sich massiv davon differenziert zu behaupten, das psychische Faktoren ausschlaggebend sind. Vielmehr betont er doch, dass ein physilologisches Problem ursächlich ist. Er betont lediglich die Wichtigkeit der inneren Einstellung und der sozialen Faktoren für den Erfolg der Therapie bzw. die grundsätzliche Auswirkung des Schmerzes auf den Betroffenen.
In einem Beispiel ausgedrückt: Ein Arbeitsloser mit chronischem Schmerz durch BSV, der gerade frisch geschieden ist und dem das Besuchsrecht für seine Kinder nur unzureichend gewährt wird, wird seine Schmerzsituation schlimmer empfinden, als jemand mit gleichen Schmerzsyndrom, der in einer glücklichen Beziehung ohne finanzielle Sorgen etc. lebt.

Ursächlich hatte ich in meinem Beitrag das eigenverantwortlich Handeln als mündiger Patient im Sinn.
Zitat
zum Beispiel wird ein Patient sich in der Überzeugung gestärkt sehen, dass er sein Rückenproblem beim Arzt „abgeben“ kann und irgendwann seine Wirbelsäule repariert zurückbekommt. Und jede noch so kurz wirksame lokale Injektion, die geeignet ist, die Macht des Arztes über das Symptom „Schmerz“ zu demonstrieren, wird dem Patienten seine relative Ohnmacht vor Augen führen und ihn darin bestärken, dass der Arzt für die Lösung seines Rückenproblems verantwortlich ist.

Ich gebe als Patient in der Sprechstunde nicht meine Krankheit ab und erwarte ohne eigenens Zutun wundersame Heilung. Und die Gefahr sehe ich bei allzu passivem Verhalten.
Ich hoffe, ich konnte Mißverständnissen einigermaßen vorbeugen.

LG Metallicat winke.gif
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