Hallo Delice,
es ist sicher gut, wenn Du die Bilder komplett (am besten digital) auch zum Neurochirurgen mitnimmst, nicht nur den Bericht. So kann er sich selber eine Meinung bilden, und das wäre wichtig.
Was für Symptome und Beschwerden hast Du denn? Daran sollte sich letzten Endes die Therapie orientieren. Und warst Du schon beim Neurologen?
Du scheinst auf jeden Fall eine etwas ungewöhnliche Halswirbelsäule zu haben, mit einem inkompletten Blockwirbel bei C6/7. So etwas kann beim Klippel-Feil-Syndrom vorkommen. Der Radiologe ist im Bericht der Meinung, dass das keine größeren Probleme machen dürfte - wobei ich mich da frage, wie er zu dieser Beurteilung kommt. Bei ungewöhnlicheren Fällen gibt es ja oft keine größeren Studien, von denen man ableiten könnte, wie häufig welche Beschwerden auftreten.
Hier im Forum gibt es noch jemanden mit Blockwirbel in der HWS, Schrenz heisst er. Du kannst ihn ja mal anschreiben - ich meine, er hat sich recht gut dazu informiert und steht im Austausch mit anderen Patienten und einer Selbsthilfegruppe.
Ansonsten übersetze ich mal etwas:
"Fehlhaltung der HWS mit diskreter kaudal."
Der Satz ist unvollständig. Ich weiss nicht, was der Radiologe damit sagen will.
"Mäßiggradige BS-Schäden C4/C5 mit kräftiger Protrusion ohne BSV bei insgesamt ausreichend breitem Spinalkanal."
BS = Bandscheibe. BSV = Bandscheibenvorfall. Protrusion: Die Bandscheibe wölbt sich vor, aber der Faserring ist nicht gerissen.
"Geringgradige Retrospondylosenbildung."
Knöcherne Anbauten an den Wirbelkörpern nach hinten (also in Richtung Spinalkanal).
"Schon etwas auffällige BS-Schäden C5/C6 mit kräftiger Protrusion ohne BSV, mit Retrospondylosenbildung, medio-lateral links betont und Kompression des Subarachnnoidalraumes sowie leichter Kompression des Myelons bei ebenfalls ausreichend breitem Spinalkanal."
medio-lateral = mittig-seitlich - dort wölbt sich die Bandscheibe kräftig vor, so dass sie den Subarachnoidalraum, in dem das Rückenmark (="Myelon") schwimmend gelagert ist, komprimiert. Auch das Rückenmark wird leicht komprimiert. Anscheinend hat das Rückenmark nach hinten noch Platz. Wenn allerdings der Subarachnoidalraum so eingeengt wird, kann das dazu führen, dass der Liquorfluss gestört wird. Der Liquor ist die Flüssigkeit, in der Hirn und Rückenmark schwimmend gelagert sind, und er pulsiert normalerweise. Wenn er nicht frei pulsieren kann, kann das Auswirkungen auf den Hirndruck haben.
"Nicht komplette Blockwirbelkörperbildung C6/C7 (keine größere path. Bedeutung)"
Die Wirbelkörper sind teilweise zusammengewachsen. Das wird von Geburt an so sein.
"keine Myelopathiezeichen,keine path-bzw.paraspinale RF."
Myelopathiezeichen = helle Flecken im Rückenmark, die auf ein Ödem (Flüssigkeitseinlagerung) hinweisen, das durch Kompression des RM und der das RM versorgenden Blutgefässe entsteht. Eine Myelopathie kann jedoch auch ohne im MRT sichtbare Zeichen bestehen, da wäre es wichtig, auf die Symptome zu achten.
RF = Raumforderung, path = pathologisch, also krankhaft. Paraspinal bedeutet um die Wirbelsäule herum, in Wirbelsäulennähe. Er sieht also keine krankhafte Raumforderung um die Wirbelsäule herum (da ist also kein Tumor - nach so etwas schauen Radiologen standardmäßig auch).
"Mäßiggradige Unkovertebralarthrose."
Verschleiss des Uncovertebralgelenks (das liegt, wenn ich das richtig weiss, im Bereich der Wirbelkörper)
"Doch schon leichte Steonse der Neuroforamina C4/C5 und C5/C6 beidseits mit Punktum max. C5/C6 links, was schon zu einer radikulären Symptomatik führen könnte."
Stenose = Einengung. Neuroforamina = Nervenaustrittslöcher, wo die peripheren Nerven das Rückenmark verlassen. "Radikuläre Symptomatik": In dem Fall C5 bzw. C6-Syndrom, das wäre eine spezifische Verteilung von Schmerzen und ggf. Ausfallerscheinungen.
Hier auf S. 96 steht zumindest zum C6-Syndrom etwas:
Neurologisch-topische Diagnostik"Insgesamt sind die oben beschriebenen Veränderungen jedoch als mäßiggradig einzustufen.
Eine Stenose des Spinalkanals oder Myelopathiezeichen liegen nicht vor."
Der Radiologe ist der Meinung, das sei alles nicht so schlimm, weil das Rückenmark nicht von beiden Seiten eingeengt wird und keine weissen Flecken zeigt. Allerdings können die beschriebenen Dinge schon durchaus Beschwerden machen, und da sollten sich die Ärzte nach den Symptomen richten. Wenn Du Beschwerden hast, dann wäre es sicher gut, Dir mit der Bildgebung weitere Meinungen einzuholen.
Vielleicht kannst Du dann auch noch mal fragen, wie denn die Stabilität von C5/6 beurteilt wird. Du hast, glaube ich, Schrägaufnahmen eingestellt und dazu wären die Aufnahmen von der Seite interessant. Für mein laienhaftes Auge sehen die Wirbel in dem Bereich etwas verschoben aus, C5 im Verhältnis zu C6 nach hinten verrutscht wie bei einer Retrolisthese. Es kann gut sein, dass der Blockwirbel da auch Einfluss auf die Statik hat.
Alles Gute Dir!
Viele Grüße,
odysseus