wenn Du keine Schmerzmittel und Kortison schlucken willst, es wird keiner gezwungen.
Es ist richtig, daß der Schmerz eine Warnfunktion hat, wenn er akut ist. Bleibt er aber zu lange Zeit erhalten, dann wird der Schmerz für den Körper zum Normalzustand und er kann sich dahingehend nicht mehr regenerieren.
Schmerzen werden immer über Nerven geleitet. Wenn die Schmerzen zu lange anhalten, dann verliert der Schmerz seine Warnfunktion und wird zur eigenständigen Krankheit. Er wird chronisch. So etwas ist nur sehr sehr schwierig zu behandeln.
Das ist wissenschaftlich bewiesen.
Akute Schmerzen sind hell, chronische Schmerzen eher dumpf. Das kommt davon, weil es unterschiedliche Nervenbahnen gibt, die den Schmerz ins Gehirn leiten. Der chronische Schmerz spielt sich eben eher im Gehirn ab bzw. hat damit zu tun in welcher Geschwindigkeit die Nerven die Impulse dorthin leiten. Der akute Schmerz wird schnell geleitet, der chronische langsam. Deshalb macht man sich das bei vielen Schmerztherapien zu nutze und versucht die Impulse mit was anderem zu überlagern, so z.B. mit dem Strom. Der Impuls der vom Strom ausgeht soll schneller im Gehirn ankommen als der Impuls vom Schmerz.
Das hier so viele so starke Schmerzmittel schlucken hängt sicher auch damit zusammen, daß eine effektive Schmerztherapie noch nicht so lange modern ist und gerade Ärzte auch sehr vorsichtig oder andererseits auch "geizig" mit wirksamen Schmerzmitteln sind, Stichwort Budget. Sicher ist es nicht gut den Körper mit Morphinen vollzupumpen, auch wenn das Medikament in retardierter Form schon gut zu vertragen ist und das Abhängigkeitspotenzial gering. Trotzdem kann es gut sein, daß der Körper nach mehr verlangt. Das ist alles nicht besonders schön.
Aber wäre diesen Menschen schneller mit Schmerzmitteln geholfen worden, dann wären sie vielleicht heute nicht in dieser Lage. Der Trend geht auch bei Operationen dahin, daß man Schmerzen nicht "aushalten" soll.
Als ich diese Nucleoplastie habe machen lassen, da war ich 2 Nächte dort stationär, weil ich eine sehr weite Anreise hatte (ansonsten wäre das ambulant gemacht worden). Auf meinem Zimmer lag eine Frau, die hatte sich den Fußballen wegoperieren lassen und hat Tilidin als Schmerzmittel bekommen. Das ist ein Opiat Stufe 2. Die Schwestern sagten, bloß keine Schmerzen aushalten immer schön Bescheid sagen.
Sicher ist das zu schnelle zuschütten mit starken Schmerzmitteln nicht gut, der Körper kann auch selbst Substanzen produzieren, die ähnlich wie Morphine wirken. Hab leider vergessen wie die heißen. Devise sollte sein, so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.
Übrigens ich schlucke auch keine Schmerzmittel mehr. Habe alles mögliche ausprobiert. Leider haben die Mittelchen bei mir keinerlei Wirkung gehabt. Bei mir ist wohl die Statik im Eimer und es liegen Muskelschmerzen und keine solchen Nervenschmerzen vor. Wobei in den Muskeln ja auch Nerven sind. Da die Nebenwirkungen ja wirklich mitunter nicht ohne sind, muß man eben Nutzen und Risiken abwiegen. Aber ich habe es probiert. Und einige hier im Forum haben keine andere Wahl mehr.
Ach und nochwas: Eine Operation gibt keine Garantie für Schmerzfreiheit. Früher wurde schnell operiert, aber die Ergebnisse haben gezeigt, daß viele operierte nachher nicht besser dran waren als vorher. Deshalb wird heute nur noch dann operiert, wenn die Gefahr von Lähmungen besteht. Wenn man dann nicht eingreift, kommt es nämlich zu irreversiblen Schäden.
Und: Wirst Du an der LWS operiert wegen Bandscheibenvorfall, dann wird auch da die Ursache nicht behoben. Ja der Druck auf die Nerven wird genommen, da das überstehende Bandscheibengewebe entfernt wird. Aber das entfernte Stück Bandscheibe fehlt ja dann, d.h. die physiologische Einheit Wirbelsäule ist nicht mehr so wie sie vorher war. Deshalb kann an der LWS auch nur 2 x an der gleichen Stelle operiert werden, ohne Implantate einzusetzen.
Klar dafür soll dann die Muskulatur die stabilisierende Funktion übernehmen und deshalb muß man Muskelaufbau betreiben.
An der HWS geht das mit dem wegschneiden nur begrenzt, da die HWS ja viel kleiner ist als die Wirbelkörper der LWS und deshalb wird da bei offenen Operationen gleich die ganze Bandscheibe entfernt. Die Lücke muß dann mit einem Implantat aufgefüllt werden. Dazu hatte ich ja schon einiges geschrieben. Wobei die Wiederherstellung der Beweglichkeit der Wirbelsäule ein sehr schwieriges Unterfangen in der Medizin ist. 100%ig wie die gesunde Wirbelsäule ist das noch nicht machbar. Wenn man sich die Artikel zu den Prothesen durchliest dann wird immer davon gesprochen, Zitat: "Wir können versuchen, die individuelle Bewegung des Patienten ansatzweise wieder herzustellen" "Wir versteifen aber nur dann, wenn wir das o.g. Ziel nicht erreichen können, denn eine nicht passende Prothese wirft unter Umständen mehr Probleme auf als eine korrekt durchgeführte Versteifung" Das hat ein Arzt geschrieben, den ich für eine ggf. anstehende OP in die engere Wahl gezogen habe.
Bleiben noch die minimal-invasiven OP-Methoden, die es mittlerweile auch schon für die HWS gibt. Z.B. Nucleotomie. Da wird das überschüssige Material auch "nur" weggenommen. Aber das geht eben nur bei kleineren Sachen, da man ja auch nur einen Minischnitt von 0,5 cm oder so bekommt und das OP-Instrumentarium auch sehr klein ist. Egal wie man das Ziel "Nervdekompression" erreichen will, der Trend geht dahin, möglichst wenig zusätzlich im Körper kaputt zu machen.
Ich bin auch schon eine Weile am überlegen, ob ich meine Beschwerden durch eine OP lindern kann, konnte mich aber bis jetzt noch nicht dazu durchringen, gerade weil ich keine neurologischen Ausfälle habe und das Risiko, daß es durch die OP dann doch noch zu sowas kommt besteht alle mal. Wußtest Du übrigens, daß bei so einer Prothesen-OP die Bänder mit wegegenommen werden?
Wie Du siehst ist das alles nicht so einfach. Jeder Mensch und jeder Körper ist anders.
Übrigens bist Du doch der Ansicht, daß man den Körper möglichst wenig belasten sollte. Eine offene OP ist eine Belastung für den Körper. Da sind ein paar kleine Spritzen wesentlich ungefährlicher und weniger belastend. Das Kortison wird in den PRT nur in sehr kleinen Mengen verabreicht, belastet demzufolge auch nur wenig. Aber es kann mitunter einen erstaunlichen Effekt haben.
Klar manchmal kann sich der Körper auch selbst helfen, die vorgefallene Bandscheibe kann sich nach einer Weile von selbst wieder zurückziehen, aber so Spritzen helfen dem Körper dabei. Das Ziel ist bei allen Verfahren das gleiche. Nämlich Entlastung des gereizten, eingeklemmten Nervs.
Als mein Finger das erste Mal taub war, da habe ich weder Behandlung noch Diagnostik bekommen. Die Taubheit ist nach 2-3 Wochen von selbst wieder weggegangen. Ich wußte um meine Bandscheiben nicht Bescheid. Habe noch nicht mal einen Arzt aufgesucht. Außer der Taubheit war auch nichts anderes aufgefallen, außer Nackenschmerzen. Beim zweiten Mal wars dann aber schon heftig mit richtigen Ausstrahlungen und da haben diese Kortisonspritzen prima geholfen. Eigentlich hat schon die erste den heilenden Effekt gebracht.
So nun habe ich einen Roman geschrieben.
Ich wollte Dich aber keinesfalls damit angreifen. Verstehe meine Ausführungen bitte nicht falsch. Ich wollte nur nochmal ein paar Hintergrundinformationen geben, die mir im Laufe der letzten 5 Jahre so über den Weg gelaufen sind.
(ha, bleibt ja nicht aus, wenn man so lange rumeiert)
Und jeder darf hier seine eigene Meinung vertreten. Und jeder muß seine eigenen Entscheidungen treffen.
Ein bißchen von Deinem Pioniergeist könnte ich schon vertragen, dann würd ich mich vielleicht auch trauen, mich unters Messer zu legen.
Viele Grüße nach Österreich

Fitze