Bandscheiben-Forum

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> Bericht über OP HWS C6/7, sehr ausführlich
Amarante
Geschrieben am: 14 Apr 2010, 18:09


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Hallo!

Ich finde es schade, dass es hier wenig ausführliche Berichte und auch wenig Langzeitberichte gibt. Mir ist aufgefallen, dass die meisten Leute irgendwie nur direkt nach KH-Entlassung schreiben "OP gut verlaufen, alles in Ordnung" und das war`s dann. Deshalb will ich mich etwas ausführlicher über meine OP und das Danach auslassen ;-)

Ich bin Krankenschwester in der ambulanten Pflege und als solche ist es fast schon normal, dass man Rückenbeschwerden hat. Aber dass mein ständig wiederkehrender steifer Nacken, mit dem ich immer häufiger morgens aufwachte, ein Zeichen eines beginnenden BSVs war, habe ich nicht gewusst.
Am WE 2./3.1.2010 hatte ich Dienst und dabei u.A. auch einen sehr schweren Patienten im Bett zu waschen. Beim Drehen des Patienten (muss ja den Rücken und den Allerwertesten waschen) dachte ich noch: Aua, ich brech` mir hier gleich den Rücken!
Am Dienstagmorgen wachte ich mit einem extrem steifen Nacken auf. Die rechte Seite war betroffen, ich konnte den Kopf gar nicht zur Seite drehen. Egal, einen dicken Schal um und auf ging`s zum Frühdienst.
Meistens wurde der steife Nacken auch im Laufe der Arbeit besser - an diesem Tag nicht. Mittags stand ich dann im Büro am Schreibtisch der Chefin, hatte meinen rechten Arm auf dem Tisch und dachte: Was ist nun denn los? Dein rechter Arm und die Hand werden ja ganz taub! Ich hab dann den Arm mit dem linken Arm passiv durchbewegt und es wurde etwas besser, so dass ich nach Hause fahren konnte.
Zu Hause wurde es aber wieder schlimmer und es kamen plötzlich heftigeste Schmerzen im rechten Arm und Handgelenk hinzu (an der Außenseite des re. Arms), so dass ich nachmittags zu meinem HA fuhr.
Der HA meinte, es könne ein Apoplex sein oder ein BSV! Hmmmh, irgendwie wollte ich BEIDES nicht haben!!! Er schrieb mich krank und gab mir eine Überweisung zum Neurologen mit sowie ein Rezept über Nabroxen (Schmerzmittel).
Am nächsten Morgen ging`s also zum Neurologen. Den Menschen kann ich nicht empfehlen: erst ließ er mich trotz inzwischen kaum noch aushaltbarer Schmerzen (das Nabroxen half nicht wirklich) eine Stunde warten. Ich konnte vor Schmerzen nicht sitzen und nicht stehen, gehen war noch am erträglichsten und dabei den re. Arm hochhalten. Ich weiß, ich gab ein komisches Bild ab, aber ich sag euch, das war mir sowas von egal!
Als ich dann endlich dran war, sprach er kaum mit mir, hörte sich nur meine Beschwerden an und stach mir unangemeldeterweise plötzlich Nadeln in sämtliche Muskeln des re. Armes! Ich hätte ihn wohl erwürgen mögen!!! Er untersuchte den Arm, ich musste ihn auf diverse Arten bewegen sowie auch die Hände drehen usw. Dann wurde ich noch an Strom angeschlossen und er testete, ob ich nicht evtl. ein Karpaltunnelsyndrom hätte. Das war dann nicht der Fall und so gab er mir eine Überweisung für den Radiologen mit. Außerdem schreib er mir noch Tilidin, Metamizol und Tetrazepam auf gegen die Schmerzen.
Das Tilidin kann ich übrigens nicht empfehlen: ich bekam davon heftiges Erbrechen. Aber die anderen Schmerzmittel sind gut und haben einigermaßen geholfen.
Den Radiologen suchte ich also am nächsten Morgen auf. Auch dort wieder unerträglich langes Warten auf dem Flur. Ich war schon fix und fertig, hatte keinen Schlaf gehabt, weil die Schmerzmittel zwar etwas halfen, aber nicht wirklich. Meinen rechten Arm konnte ich übrigens nicht mehr richtig benutzen: Tassen fielen mir aus der Hand und beim Autofahren konnte ich nicht schalten (mein Schatz fand die Fahrt lustig!). Schreiben ging auch nicht, weil ich den Stift kaum halten konnte.
Auf der Röntgenaufnahme konnte man nun leider deutlich erkennen, dass ich tatsächlich einen BSV hatte! Ich war echt geschockt, weil ich immer dachte, sowas bekommt man erst ab 60 *g*! Ich sollte mir einen Termin bei einem Neurochirurgen sowie für ein MRT im KH holen.
Mein HA empfahl mir den ortsansässigen Neurochirurgen Dr. Janus, weil dieser einen guten Ruf habe. Okay, ich bekam dort einen Termin für den 8.2.10 und im KH einen MRT-Termin für den 15.2.10. Zusätzlich bekam ich noch Cortisonspritzen vom HA.
Vom 6. bis zum 27.1. habe ich bis auf die Arztbesuche, wo ich mich mühsam hinschleppte, durchgängig im Bett befunden. Was Anderes war mir nicht möglich. An Schlaf war kaum zu denken. Ich habe niemals in meinem Leben solche Schmerzen gehabt und wünsche sie selbst meinem ärgsten Feind nicht!!!
Nach dem 27. konnte ich es allmählich wieder stundenweise außerhalb des Bettes aushalten.
Am 8.2. war die Vertretung des Neurochirurgen (Dr. Janus hatte Urlaub) etwas verärgert, dass ich noch kein MRT-Ergebnis mitbrachte. Die Röntgen-Bilder seien ihm zu ungenau und er würde sich erst äußern wenn ich die MRT-Bilder dabei habe. Also fix einen neuen Termin gemacht.
Am 15.2. ging es also ins KH zum MRT. Es war für mich das erste Mal und ich muss sagen, dass der Krach echt gewöhnungsbedürftig ist, aber ich hatte trotz meiner Klaustrophobie zum Glück keinerlei Probleme in der "Röhre" (hatte die ganze Zeit die Augen zu).
Zum Neurochirurgen ging`s dann also MIT den MRT-Bildern am 19.2.10. Dieses Mal war Dr. Janus da und er war mir auf Anhieb sympathisch. Ich weiß, dass Sympathie nichts aussagt, aber mir persönlich ist es total wichtig, dass ich meinen Operateur symapthisch finde und Vertrauen zu ihm habe. Er hat sich 1,5 Stunden Zeit für mich genommen, sein permanent klingelndes Telefon sowie den piepsenden Pieper ignoriert und sehr geduldig all meine Fragen (und derer hatte ich viele!) beantwortet! Das fand ich wirklich wichtig!
Nachdem mein HA allerdings die ganze Zeit gesagt hatte, dass ich nicht operiert zu werden bräuchte, war ich doch echt sprachlos als Dr. Janus mir lächelnd sagte, dass er den BSV an meiner Stelle so schnell wie möglich operieren lassen würde. Ich dachte wirklich erst, dass er mich veräppeln wolle *g*! Er erkärte mir wieso und weshalb, alles seeeeehr ausführlich und zum Schluss des Gespräches sagte ich nur, dass er mir den schnellstmöglichen OP-Termin geben solle. Das war dann leider erst am 18.3.! Überrascht war ich übrigens, dass die OP von vorne, also durch den Hals erfolgen sollte. Davon hatte ich noch nie gehört.
Ich dachte, dass der späte OP-Termin doch auch sein Gutes hätte, so könnte ich wenigstens noch eine zweite Meinung einholen. Aber: weit gefehlt! Ich bekam "so kurzfristig" (Zitat) nirgendwo einen Termin bei anderen Neurochirurgen, egal, wo ich auch anrief! Man riet mir dann immer, es doch bei Dr. Janus zu probieren *g*.
Nachdem ich durch das Cortison 10 Kilo (!) zugenommen hatte, ging ich am 17.3. also um 11.00 Uhr ins KH. Nachdem ich mich auf "meiner" Station vorgestellt hatte, musste ich ewig lange auf das Anästhesie-Gespräch warten. Ich bin schon 3x vorher operiert worden, aber noch nie hatte mich vorher jemand gefragt, ob ich die "scheiß-egal-Tablette" haben wolle oder nicht *überraschtwar*. Na, da hab ich sie doch glatt abgelehnt. Wo ich doch sowieso schon so viel Gift schlucken musste, war doch wenigstens DIESE Tablette vermeidbar.
Am nächsten Morgen musste ich also OP-Strümpfe und -hemdchen anziehen, bekam noch einen Netz-Slip mit Vorlage und wartete dann auf meine OP. Zum Glück war ich die Erste, so dass ich nicht den ganzen Vormittag mit knurrendem Magen warten musste.
Ich muss sagen, dass ich begeistert war davon, den Weg zum OP erstmalig in wachem Zustand zu erleben und noch mit den Leuten sprechen zu können! Dass war echt klasse und ich hatte noch richtig Spaß!!! Die waren sowas von gut drauf *lach*! Ich hab denen noch erzählen können, dass man doch bitte, bitte auf meine Stimmbänder aufpassen solle, weil ich doch hobbymäßig Sängerin in einer Rockband bin und man versprach mir, besonders vorsichtig zu sein. Außerdem sagte ich noch, dass ich nach jeder OP unter heftigem Erbrechen zu leiden habe und man wollte sich da einen speziellen "Cocktail" für mich überlegen. Echt nett! Ich hatte überhaupt keine Angst und war kein Stück aufgeregt!
Zum ersten Mal habe ich bewusst den Aufwachraum erlebt! Normalerweise bin ich sonst immer noch den ganzen Tag völlig benebelt und habe hinterher einen totalen Filmriss. Dieses Mal war es anders. Ob das nun an der fehlenden Tablette lag oder an dem Spezial-Cocktail gegen Übelkeit und Erbrechen oder woran auch immer - keine Ahnung. Ich wachte jedenfalls auf - und es ging mir gut!!! Richtig gut!! Keine Schmerzen, keine Übelkeit, ich war völlig klar im Kopf - einfach nur toll!
Als ich auf mein Zimmer kam, war mein Schatz völlig von der Rolle, eine fröhlich-wache Begrüßung von mir zu bekommen *lach*!!!
Die erste Nacht hatte ich noch arge Schmerzen im Nackenbereich und erhielt von der Nachtschwester ein Schmerzmittel. Außerdem hatte ich Schluckbeschwerden: es fühlte sich an wie ein dicker Kloß im Hals und ich musste den Kopf immer etwas runternehmen, um schlucken zu können. Aber ich konnte SOFORT normal sprechen und singen, keine Heiserkeit oder Stimmbandlähmung - ich war echt begeistert!
Jetzt nochmal zur OP:
Ich hatte folgende Diagnose: therapieresistente rechtsseitige Cervicobracchialgien bei kernspintomographisch nachgewiesenem mediorechtslateralen Bandscheibenprolaps C6/7
Bei der OP bekam ich ein Implantat mit folgendem Namen: DCI Größe M 6 mm
Am nächsten Tag kam schon der Drainageschlauch raus (war nicht angenehm). Am 23.3. bin ich dann vormittags entlassen worden.
Ich brauche nur noch sehr selten mal eine Schmerztablette und werde jeden Tag fitter, insbesondere seit ich KG bekomme. Nach 3 Wochen durfte ich auch wieder Autofahren.
Jetzt habe ich nur noch nach der KG manchmal leichte Nackenschmerzen und wenn ich zu Hause zuviel gemacht habe. Obwohl: richtige Schmerzen sind das eigentlich gar nicht, halt ein leichtes Ziehen. Ab und an merke ich auch noch den "Kloß" im Hals, aber auch das wird immer seltener.
Ich bin bisher sehr zufrieden und hoffe jetzt nur, dass ich bald wieder arbeiten kann, denn mir fällt hier zu Hause echt die Decke auf den Kopf. Am 22.4. habe ich nochmals einen Termin beim Neurochirurgen und ich hoffe doch sehr, dass er mir dann das Okay gibt zum Arbeiten.
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Jürgen73
Geschrieben am: 14 Apr 2010, 18:24


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Hallo Amarante,

das ist ja schon mehr ein ausführlicher Krankenbericht von dir.

Das was du erlebt hast kennen viele Bandis hier im Forum.

Zitat

Ich bin bisher sehr zufrieden und hoffe jetzt nur, dass ich bald wieder arbeiten kann, denn mir fällt hier zu Hause echt die Decke auf den Kopf. Am 22.4. habe ich nochmals einen Termin beim Neurochirurgen und ich hoffe doch sehr, dass er mir dann das Okay gibt zum Arbeiten.


Ich glaube nicht das du in deinem Beruf noch lange glücklich bist.

Das anheben der Patienten dürfte dir wohl bald die nächsten Probleme in deiner HWS bescheren.

Ich würde an deiner Stelle schon mal an eine Umschulung denken.

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Amarante
Geschrieben am: 30 Mai 2010, 13:07


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So, nun ist ja schon wieder ein wenig Zeit vergangen und ich hatte ja versprochen, regelmäßig zu berichten.
Seit dem 28.04.2010 arbeite ich nun wieder in der ambulanten Pflege. Anfänglich hatte ich nach der Arbeit leichte Nackenschmerzen, aber der Neurochirurg meinte, dies sei bis zu einem halben Jahr nach der OP normal.
Größere Probleme mit dem Nacken habe ich (bisher) nicht bekommen. Womit ich wirklich Probleme habe, das ist der Muskelschwund: ich habe einfach noch nicht wieder die Armkraft, die ich vorher hatte. Ich denke, dass sich dies im Laufe der Zeit wieder geben wird. KG habe ich noch immer und das tut mir auch sehr gut. Nun soll ich in eine Rückenschule, wozu ich nicht wirklich Lust habe, aber ich habe natürlich noch weniger Lust, irgendwann nochmals einen BSV zu haben, also werd ich mir brav einen Sportverein suchen, wo Rückenschule angeboten wird.
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Amarante
Geschrieben am: 30 Mai 2010, 13:13


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Achja, was ich noch vergessen habe:
Die Schluckbeschwerden sind inzwischen verschwunden. Was leider nicht verschwunden ist: habe noch immer die Fingerkuppen des Daumens, Zeige- und Mittelfingers der rechten Hand taub. Ob sich das noch gibt, konnte mir der Neurochirurg leider nicht sagen. Man kann damit aber leben *g* und inzwischen kann ich damit auch wieder normal schreiben. Meine Narbe am Hals sieht auch nicht mehr gruselig aus - ich empfinde sie nicht als Schönheitsmakel o.Ä.

LG

Amarante
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Wassermannfrau
Geschrieben am: 21 Jul 2010, 10:43


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Vielen Dank! für diese ausführliche Beschreibung. Ich bin seit heute neu im Forum. Ich stehe vor der Entscheidung OP ja oder nein. Meine Meinung ändert sich stündlich, da ich Angst habe. Ich habe HWS Beschwerden seit 2003 und schon 2 x eine CT-gesteuerte Infiltration.
Hattest Du auch "Entscheidungsschwierigkeiten"?
Liebe Grüße aus einem sehr heißen Wien! :;
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