Psychische Folgen nach Bandscheiben-OP, Ignoranz des Umfeldes

[Hummel]

Wie schafft man sich ein "dickeres Fell" an, wenn das Umfeld mit Unverständnis reagiert? Seit Bandscheiben-OP vor über 10 Jahren lebe ich mit Schmerzen, mal besser, mal weniger erträglich. Lebe seit 3 Jahren in Scheidung, habe einen tollen und verständnisvollen Freund. Mache Haushalt, so gut ich kann, inkl. Bücken usw. Nun ist noch massiv Arthrose in beiden Knien dazu gekommen. Man gönnt sich ja sonst nichts :( . Humor habe ich trotzdem nicht verloren, bin eigentlich ein fröhlicher Mensch. Was mich jedoch seit Jahren irritiert, ist das Unverständnis von Bekannten und Verwandten. Die meinen, da ich nicht stä ndig jammere, dass das Ganze doch nicht so schlimm sein kann (Standard-Satz: Jeder hat mal irgendwas). Da wird noch hinter meinem Rücken getratscht, dass ich verschiedene Dinge nicht oder nur mühsam machen kann. Ihrer Meinung nach ist doch alles halb so schlimm. Wie oft ich heulen könnte, weil die Rückenschmerzen überhand nehmen oder ich das Gefühl habe, die Beine wollen mich nicht mehr tragen, das sieht keiner und das will auch keiner wissen. Und ich habe ständig ein schlechtes Gewissen, meine, mich ständig für irgend etwas entschuldigen zu müssen. Wenn wieder einmal eine dumme Bemerkung gemacht wird, schlucke ich und halte den Mund, weil ich in Frieden leben möchte. Innerlich koche ich und habe tagelang an einer Bemerkung zu knacken. Wer weiß Rat?

[Vanilla]

Hallo Hummel,

erst einmal wilkommen im weltbesten Bandiforum! :winke

Auch ich bin ein operierter Bandi und ich glaube, fast alle von uns können deine Empfindungen nachvollziehen. Man sieht uns die Krankheit ja nicht an, hat mal jemand geschrieben. Wir tragen keine Krücke, keinen Gips, keinen theatralischen Verband.

Das mit deinem Freundeskeis finde ich ziemlich schlimm, ich habe das Glück, daß meiner im großen und ganzen sehr verständnisvoll reagiert. So ist auf Feiern immer der bequemste Sessel für mich reserviert und meinen Umzug hätte ich ohne meine Freunde wohl gar nicht auf die Reihe bekommen.
Ich habe allerdings auch von Anfang an Klartext gesprochen...so und so ist es jetzt, das kann ich noch und jenes eben nicht mehr oder nur manchmal. Und im Zweifel habe ich nocheinmal darauf hingewiesen. Inzwischen wird eben gefragt, ob ich bestimmte Dinge mitmachen kann oder nicht.
Es ist sicher für Gesunde auch nicht immer einfach und das man als Bandi manchmal sehr empfindlich ist, weiß ich auch.

Wenn du mitbekommst, daß über dich geredet wird, dann sprich die Leute darauf an, freundlich. Vielleicht ist es nur Unsicherheit, ich wußte über Wirbelsäulenerkrankung auch so gut wie nichts, bevor es mich selbst erwischt hat.

Und manche Leute sind eben einfach nur dämlich...laß sie labern und links liegen. Auf die kannst du dann wirklich verzichten.

Also Hummel, sei froh über deinen Freund, das ist ´ne Menge wert! Und wenn die Einen oder Anderen unbedingt lästern wollen, dann laß sie und steh drüber.

Sonnige Sonntagsgrüße! :sonne

Claudia

[Erna]

Liebe Hummel,
erstmal Kopf hoch, Du bist nicht die einzige, die wahrscheinlich oft unter dem Unverständnis der anderen leidet. Du schreibst auch, dass es sich um Bekannte und Verwandte handelt. Ich glaube, Deine Freunde werden Dich schon viel besser verstehen. Vielleicht hilft es, wenn Du Dir die Verwandten bzw. Bekannten mal im Laufe der Zeit einzeln vorknöpfst, dann können sie nicht mehr ausweichen. Wahrscheinlich ist denen gar nicht klar, wie sehr sie Dich damit verletzen. Allerdings ist bei manchen Hopfen und Malz verloren, die wollen sich gar nicht mit unangenehmen Themen auseinandersetzen. Die fühlen sich nur wohl beim oberflächlichen Blah Blah :count ! Für manche Menschen ist Krankheit noch immer ein Tabu. Dabei glaube ich, dass Du gar nicht bemitleidet werden willst, sondern etwas Verständnis Dir einfach gut tun würde. Wenn alle immer so gesund und munter wären, warum sind dann die Arztpraxen so voll? Mir geht es ähnlich wie Dir. Wir hatten gestern eine Grillparty. War ja ganz nett, aber nach einiger Zeit konnte ich einfach nicht mehr sitzen (BSV mit zum Teil schlimmen Ischiasschmerzen). So habe ich dann gestanden und konnte mir anhören, dass ich so ungemütlich (!) bin. Ich versuchte zu erklären aber das wollten die (Bekannte, keine Freunde) gar nicht hören. Ja, man sieht ja nichts. Da ich außerdem seit langem schon an Depressionen leide (und das ist ja nun ein richtiges TABU in unserer Gesellschaft) kenne ich Unverständnis. Gewöhnt habe ich mich deshalb aber nicht daran. Mich macht das richtig wütend :h . Ich komme mir dann so vor, als ob ich die einzige "Kranke" bin. Vielleicht geht es Dir ähnlich. Ich hoffe, ich habe Dir ein bischen Trost spenden können.
Liebe Grüße Erna

[Thergana]

Hallo Hummel,

auch ein herzliches Willkommen im Bandscheibenforum auch von mir :winke

Der Meinung meiner beiden Vorgängerinnen kann ich mich nur wärmstens anschließen. Obendrauf möchte ich noch etwas hinzufügen, was Dir vielleicht bislang noch nicht so sehr bewußt geworden ist:

==> Dies hier ist DEIN Leben <==

Nimm mal diesen Satz und kaue ihn in aller Ruhe für ungefähr 15 Minuten vor und zurück. Vielleicht wirst Du danach feststellen, daß Du mit Deiner Meinung und mit Deiner Ansicht ein klein wenig zu sehr den Erwartungen Deiner Bekannten, Deiner Freunde und Familie entsprochen haben solltest. Da gibt es so ein kleines Wort, es hat nur 4 ganze Buchstaben. Trotz daß es so kurz ist, haben sehr viele Menschen große Probleme, dieses Wort auszusprechen. Du kennst es sicherlich, weil Du es bestimmt schon oft zu hören bekommen hast. Es heißt NEIN.

Falls es jemanden stört, daß Du wg. den heftigen Schmerzen etwas momentan nicht machen konntest, dann soll er/sie das eben selbst machen. Laß Dir nicht die Schwarze-Peter-Karte zuschieben, sondern schiebe sie einfach wieder zurück. Schließlich bist Du mindestens genauso viel Wert wie derjenige, der gerade mault. Denke nur mal paar Minuten darüber nach... :kinn

Ich wünsche Dir etwas Ruhe, viel Kraft und Weisheit, und obendrauf eine Portion Erkenntnis der Wahrheit
:trost

Thergana

[AROSA]

Hallo Hummel!

Ich kann dich sehr gut verstehen.Ich denke auch, dass es allen Bandi's in ähnlicher Form schon so ergangen ist.
Ich bin mittlerweile so weit, dass ich diese Menschen innerlich nur noch belächle....
Im Grunde genommen, sind es ganz arme Kreaturen, die uns nicht verstehen ( wollen)
Krankheit ist halt ein unbequemes Thema.Viele wissen nicht damit umzugehen.(und wollen es auch oft nicht)
Hummel, ich distanziere mich von diesen Menschen, damit sie mich nicht mehr unnötig verletzen können.Ich habe so eine Art Schutzmauer aufgebaut.
Dieses Forum wird dir viel Kraft und ZUversicht geben.Schön,dass du bei uns bist.
Toleranz und Respekt können nur noch sehr wenige Menschen aufbringen.
Wenn man diese aber gefunden hat, dann ist man nicht mehr so alleine.Und von diesen Menschen sind ganz viele in diesem Forum!!!!!!
Wünsche dir,dass du in Zukunft mit diesen Menschen besser umgehen kannst.
Liebe Grüsse
Anette W :winke :sonne

[Inka]

Hallo Hummel,

auch von mir erst mal ein herzliches Willkommen bei uns im Forum :winke

Jeder von uns Bandis, ob nun operiert oder nicht, hat wohl so seine Erfahrungen mit den Reaktionen der lieben Mitmenschen gemacht. Das siehst Du ja an dem, was Dir bereits geantwortet wurde, und jeder hat wohl auch so seine Strategie entwickelt um mit diesen Reaktionen - mehr oder weniger - umgehen zu können.

Was sind das nun für Reaktionen? Unverständnis, Ungeduld, Hilflosigkeit, manchmal auch ein Stück Sensationsgier (endlich haben die jemanden, über den sie wieder mal hemmungslos hinter vorgehaltener Hand tuscheln können), manchmal auch übertriebene Hilfsbereitschaft oder Mitleid. Jede einzelne dieser Reaktionen katapultiert uns aus der "Normalität". Und vielleicht ist es das, was uns dann so verletzt dabei?

Ich hatte das Glück, dass meine Freunde sehr verständnisvoll reagiert haben, aber auch dieses Zuviel an Verständnis, das manchmal spürbare Mitleid ist für mich nur schwer zu ertragen und so habe ich mich aus dem Freundeskreis zurückgezogen und somit wahrscheinlich genauso die Gerüchteküche gefüttert und die Möglichkeit geschaffen, um hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln. Gar nicht mal in bösartiger Form, sondern in Richtung "schau mal, vor wenigen Jahren konnte sie noch, hat sie noch.... und jetzt? Die Arme... "usw

Ich denke die Frage ist doch, wie wichtig sind DIR die Menschen, die Dich mit Bemerkungen verletzen. Brauchst Du diese Menschen wirklich? Bist Du in irgendeiner Form abhängig oder angewiesen auf den Umgang mit diesen Menschen und auf deren Meinung und Urteil über Dich? Warum tust Du Dir das immer wieder an?

Hummel, es wäre sicher nicht besser, wenn man Dir Deine Krankheit und Deine Schmerzen ansehen würde. Bei mir sieht man es nun mal leider (zum Teil), aber die Menschen, die tuscheln und tratschen wollen, die werden immer einen Grund dafür finden. Das liegt nicht an Dir, sondern am Charakter dieser Menschen.

Nur die Entscheidung, ob Du mit solchen Menschen weiter zusammen sein willst, ob Du Dich weiter verletzen lassen willst, ob Du es wirklich nötig hast um Anerkennung Deiner Krankheit bei dieser Personengruppe zu kämpfen, die liegt an Dir.

Alles Gute und liebe Grüße

:winke Inka

[Hummel]

:winke
Hallo Inka,
Danke für deine Ausführungen, die haben mir sehr geholfen. Man sucht ja in der Regel die Fehler zuerst mal bei sich selbst, wenn die lieben Mitmenschen nicht so reagieren, wie man es erhofft. Dieses Unverständnis kann einem schon ganz schön zu schaffen machen. Aber ich werde mir in meinen Kopf einhämmern :h , gewisse Bemerkungen nicht mehr in selbigem zu speichern und die Speicherkapazität für Sinnvolleres zu nutzen. Ich wünsche dir einen schönen und sonnigen Tag.
:sonne

Liebe Grüsse
Hummel

[Hummel]

Bin ganz gerührt über die Zuschriften und froh, das Bandscheiben-Forum gefunden zu haben. Wie war das noch? Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und ich habe die Absicht, mich noch mit vielen Lachfalten zu verschönern.

[dolphin878]

Hallo Hummel :winke

Auch von mir ein recht herzliches Willkommen!

Im Prinzip kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen und will mich auch nicht noch wiederholen.

Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen: Viele Leute können damit nicht umgehen, da man ja eben nix sieht (wie schon erwähnt). Also einfach nur klar machen, hey ich hab wirklich Schmerzen, und wenn man auf einer Party nicht mehr sitzen kann (auch das kenn ich) aufstehen, und ein paar Schritte gehen. Dumme Bemerkungen igonorieren und wenn es zu blöd wird gehen. Es dauert wirklich bis man ein dickes Fell hat, aber leider hilft das Schlucken nicht immer! Ich möcht auch keinen Streit, aber manchmal geht es nicht anders, wenn Du immer nur die Faust in der Tasche machst, dann leidet Deine Seele und somit auch Dein Rücken immer mehr. Es hat keiner aber auch absolut keiner das Recht über eine andere Person zu urteilen und schon gar nicht im Freundeskreis oder gar Verwandte.

Hoffe war nicht zu direkt!

Liebe Grüße Andrea :trost

[MoAnn]

Hallo Hummel,

du sollst BRUMMEN! Das heißt, wenn Dir jemand blöd kommt mit seinem Unverständnis für Deine Krankheit, ist das zunächst ein Fehlverhalten desjenigen, da hast Du keine Veranlassung, dem gegenüber auch noch höflich und zurückhaltend zu sein. Mach Dir Luft!

Wer sich bremst, dem quietscht die Seele.

Wir sind so erzogen, lieb und nett zu sein und keinem auf die Füße zu treten und das Wort NEIN nicht zu sagen. Den Schaden trägst Du davon!

Es gibt leider etliche Krankheiten, die man nicht sieht (nicht nur die vorgangs erwähnten Depressíonen). Frag mal die Leute mit immer wiederkehrenden Migräneanfällen, wie da die Umwelt reagiert. "ach, sie hat mal wieder Kopfschmerzen..." . Die gehen auch durch die Hölle und finden kaum Verständnis.

Könnte ich micht jezt wieder stundenlang drüber aufregen, aber mach es in Deinem eigenen Interesse so, dass Du, wenn Du blöd angemacht wirst, auch mal in durchaus schärferem Ton darauf hinweist, dass eine kaputte Wirbelsäule keine Bagatelle ist und Du Dich nicht zum Wehwehchen-Schreier degradieren lässt. Wer da pikiert reagiert, hat Deine Zuneigun sowieso nicht verdient.

MoAnn, zornig